aktualisiert am: 17. Mai 2022
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(c) Lukas Lenhardt

Inhaltsverzeichnis

Alles Wissenswerte über den Umbau am Stadtpfarrturm

Von fern schon kann man ihn erkennen. Als charakteristisches Wahrzeichen von Klagenfurt überragt der nahezu 92 Meter hohe Kirchturm den historischen Kern der Stadt. Sogar im dichten Nebel, leuchtet das große Ziffernblatt der Turmuhr weithin über die malerischen Verschneidungen der Dachlandschaft. Im Jahr 2021 und 2022 wurde das Prunkstück grundlegend saniert.

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Wer die zahllosen Stufen der hölzernen Wendeltreppe ohne Drehwurm und Höhenangst schafft, wird von der Aussichtsplattform der Türmer-Galerie aus mit einem großartigen Rundblick über die Stadt, den Wörthersee, bis hin zu den Karawanken und der Koralpe belohnt.

Welche Besonderheiten bei den Bauarbeiten beachtet wurden und was es mit dem Friedhof unter der Parkanlage auf sich hat, erfahrt ihr hier.

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Gute Vorbereitung vor dem Start des Umbaus

Ein Gerüst wurde errichtet, eine Leistung für sich in diesen lichten Sphären. Tonnen von Material wurden dafür herbeigeschafft. Ein eigens installierter Lift ermöglicht den Fachleuten flexibles Erreichen von Höhenmetern.

Die Aussichtsplattform wurde mit einem Staubschutznetz verhängt, damit keine Bauteile abstürzen konnten und womöglich Arbeiter oder Passanten gefährdeten. Die am Turm befindliche Sirene wurde für die Dauer der Bauphase abgeschaltet, damit niemand sich mit schlimmen Folgen schreckt, schließlich schweben die wackeren Bauarbeitere 90 Metern über dem Erdboden.

In der Hauptsache ging es um die Wiederherstellung der Turmspitze und ihres Kupferdachs. Aber wenn schon, denn schon: Im Zuge dieses Aufwands wird auch die gesamte Fassade ausgebessert und revitalisiert.

Natürlich musste ein so wichtiges Bauvorhaben in enger Abstimmung der zuständigen Institutionen entwickelt werden. Dem Hauptstadtpfarrer Gerhard Simonitti, der die Interessen der Pfarre St. Egid vertritt, stehen Ruprecht Obernosterer, Chef des Bauamtes der Diözese Gurk-Klagenfurt und Gorazd Živkovič, Leiter des Bundesdenkmalamts zur Seite. Die Firma Greil aus Dölsach wurde mit den komplexen Fertigungsschritten der Neu-Eindeckung des kupfernen Daches betraut.

Architektur-Elemente des Dachs des Stadtpfarrturms

Das besonders kunstvoll ersonnene Dach des Klagenfurter Stadtpfarrturms setzt sich aus mehreren Architektur-Elementen zusammen:

  1. über der zwiebelförmigen Kuppel verjüngt sich die Spitze des Turms zu zwei „Laternen“, so nennt man die polygonalen durchfensterten oder in geometrischen Mustern durchbrochenen Körper.
  2. Beleuchtungs- oder Wach-und-Warn-Funktion hatten diese Aufsätze nur am Anfang ihrer Verwendung in der Antike und im frühen Mittelalter, zu den barocken Zeiten der Entstehung des heutigen Stadtpfarrturms wurden sie als dekorativer „überhöhender“ Gebäudeschmuck entworfen.
  3. Aus dem Helmchen der zweiten Laterne wächst die Turmspitze, sie trägt als fulminanten Abschluss einen weithin leuchtenden goldenen Stern.

Wie ging es weiter?

Das bestehende Kupferdach des Turms wurde komplett entfernt. Es hatte über 200 Jahre auf dem Buckel und tapfer Hitze und Kälte getrotzt. Die großen Metallplatten haben Spannungsrisse erlitten, Feuchtigkeit konnte eindringen. Schimmel und Rost sind gewachsen, im Gebälk wurden die Holzteile morsch und morscher.

Im Sinne der gründlichen Nachhaltigkeit vermeidete man ein Flickwerk kleinerer Reparaturen, trug das alte Dach ab und setzt ein Neues auf. Keine Mühe wurde gescheut, um dessen optischen Wiedererkennungswert in mildem Grün dem Stadtbild zu erhalten.

Normalerweise dauert es Jahre, bis das rötlich-goldene Kupfer seine Patina ausbildet. Dabei handelt es sich um eine feine, oberflächliche grünblau-türkise Schicht auf dem Kupfer. Es reagiert damit auf Umwelteinflüsse mit einer Färbung durch Kupfercarbonate und -hydroxide. 

Auf Anregung des Denkmalamts wurde mit chemischer Behandlung nachgeholfen, so dass den Klagenfurtern und ihren Gästen bald wieder das vertraute Grün des Turmdachs – wenn auch in neuem Glanz – entgegenstrahlt. 

Das Gerüst

Die immense Konstruktion verdiente wahrlich einen Blick auf Details dieser Herausforderung bereits in der Vorbereitung der eigentlichen Baustelle. Der Aufbau dauerte rund einen Monat.

Bei Beendigung der Montagearbeiten haben die Mitarbeiter der Firma Gerüstbau Zengerer ca. 37.500 kg Gewicht nur von den Stehern, Rahmen und Belägen bewegt. Das diverse „Kleinmaterial“ wie Absturzsicherungen, Diagonalaussteifungen, Endabschlüsse, Kupplungen und anderes machten nochmals ca. 10.000 kg aus. Das entspricht einem täglichen Transport von ca. 1.760 kg sowohl horizontal als auch vertikal!

Das Verjüngen des Turmes mit zunehmender Höhe erfordert natürlich ein Anpassen des Gerüstes an die Situation und warf so manche nicht alltägliche technische Frage auf. Mit welchen Abständen zum Mauerwerk beginne ich die Rahmen am Boden zu stellen, so dass ich über den gesamten Höhenverlauf bis 65 Meter in jeder Lage gut arbeiten kann?

In Summe wurden ca. 220 Gerüstverbreiterungen an das Systemgerüst montiert, um die Wandabstände im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß zu halten.

Eine zusätzliche Erschwernis bildete der umlaufende Balkon der Aussichtsplattform. Dieser musste in die Gerüstung „integriert werden“. Das heißt, das Gerüst muss die Balkonplatte von unten stützen, um die Lasten bis in den Boden abzuleiten. Dazu kam der Kampf gegen die Windkräfte, wegen der Angriffsflächen von Staubschutznetz und Plane musste der Aufbau gegen Sog und Druck des himmlischen Kindes stabilisiert werden.

Für das Personal eine Mutprobe: Gerüste für Häuser bis zu einer Höhe von 25 Metern gehören quasi zum Standard, hier sprechen wir jedoch von 65 Höhenmetern. Nicht mehr jedermanns Sache … mir wird schon schwindlig, wenn ich mir das nur vorstelle.

Überliefertes zu Kirche und Turm

Nicht zum ersten Mal wird der Stadtpfarrturm rundum erneuert, hier noch ein Exkurs zu den Jahrhunderten, die er schon auf Klagenfurt herab blickt.

Seit fast 800 Jahren feiern die Klagenfurter ihre Gottesdienste in der Stadtpfarrkirche, da überläuft es einen schon ehrfürchtig. Das heutige Kirchengebäude von St. Egid steht auf dem Platz eines Gotteshauses des 13. Jahrhunderts, das als Vikariat von Maria Saal erstmals 1255 urkundlich erwähnt wurde. 

Die Erscheinung dieses ursprünglichen Sakralraums kann man auf Stadtplänen des frühen 17. Jahrhunderts erkennen, auch sie war schon von zwei Türmen geadelt, einem höheren im Süden und einem kleineren im Norden, die durch einen überdachten, hölzernen Gang miteinander verbunden waren. Schäden nach Bränden und Erdbeben erforderten anno 1690 den Abriss der romanischen Basilika.

Sieben Jahre später wurde das neue Bauwerk gesegnet. 1709 erfolgte die Fertigstellung des Turms. Im Jahr 1723 suchte wie so oft in der Stadtgeschichte neuerlich ein Feuer das Zentrum heim. Erst danach wurde der Turm mit seinem auffallenden barocken Zwiebelhelm ausgestattet.

Von 1859 bis 1861 wurde die Kirche innen restauriert. Im Jahr 1877 machte man sich neuerlich an eine Renovierung des Kirchturms, die vorletzte: In den Jahren 1982 bis 1984 wurde die Fassade einschließlich des Turms noch einmal hergerichtet.

Kunsthistorische Schätze in der Stadtpfarrkirche St. Egid

Die großräumige Emporenkirche mit quadratischem Chor besitzt einen 16 Meter hohen Hauptaltar. Acht Seitenkapellen mit Kreuzgewölben – einige davon von Bedeutung für die Kunstgeschichte – flankieren den Bau.

Die barocken Deckenfresken in ihrer wunderbaren Farbigkeit stammen von J.F. Fromiller und Joseph Mölkh. Um das Jahr 1740 schuf Benedikt Bläß eine Barockkanzel, die als eine der allerschönsten in Kärnten angesehen werden darf; ihr Hauptthema ist der Aspekt der Buße.

Ein Meisterwerk zeitgenössischer Freskenkunst ist in der so genannten Fuchskapelle zu besichtigen. Die farbenprächtige, detailreiche Malerei des fantastischen Realismus hat die Apokalypse zum Motiv. Ernst Fuchs hat 20 Jahre lang an den 160 Quadratmetern seines Werks gearbeitet.

Fans des Pariser Schriftstellers Julien Green finden hier ihre Pilgerstätte. Er wurde auf eigenen Wunsch in Klagenfurt in einer für ihn geschaffenen Seitenkapelle bestattet.

Die Glocken

Im Jahr 1706 erklang erstmals ihr Geläute. Die in den Jahren 1817 bis 1827 entstandenen Sturmschäden nach zwei Orkanen machten eine größere Deckenreparatur notwendig, zu Ende der Arbeiten wurde eine neue Glocke eingeweiht.

Zweimal mussten die Glocken äußerst profanen Zwecken dienen. Während des Ersten Weltkrieges wurden sie abgenommen und für militärische Zwecke verwendet. 1924 wurde eine Garnitur von fünf Glocken installiert, Armenseelen-, Floriani-, Marien-, Helden- und Heimatglocke. 1942 wurden – bis auf die größte, die Heimatglocke, die ein beherzter Apotheker retten konnte – die Glocken wieder abtransportiert, um sie für die Waffenproduktion einzuschmelzen.

1990 erhielt die Stadtpfarrkirche ihr jetziges Geläut. Wenn die Marienglocke mit ihren 810 Kilogramm auf dem Ton Fis dramatisch den Mittagsangelus einläutet, hält man gerne lauschend inne. Nach vollendeter Renovierung wird an der Südseite auch wieder das Glockenspiel mit seinen tanzenden Figuren zu bewundern sein, es lässt 43 Glocken erklingen. Die geschnitzten Figuren – Heilige neben kleinen Inkarnationen von Sponsoren und Prominenten – bewegen sich zu eigens für sie komponierten Stücken.

Der Friedhof

Wie in allen mittelalterlichen Stadtzentren lagen auch in Klagenfurt die Begräbnisstätten unmittelbar bei den Gotteshäusern. Adel und Patriziat ließen sich im Kircheninneren bestatten, das Bürgertum, Handwerker, Gewerbetreibende, deren Gesellen und Dienstboten fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem engen Raum rund um die Kirchen.

Die an der Fassade eingelassenen Grabsteine erzählen vom ältesten Friedhof der Stadt dicht bei St. Egid und von den Grüften im Kircheninneren.

Kaiser Josef II. verfügte 1764, dass aus hygienischen Gründen Friedhöfe nur mehr außerhalb von Wohngebieten errichtet werden durften, die Benutzung der bestehenden wurde verboten. 1772 wurde diesem Gesetz entsprechend auch der alte Friedhof rund um die Stadtpfarrkirche St. Egid aufgelöst.

Türmersage

Eine Gruselgeschichte darf zum jahrhundertealten Kirchturm nicht fehlen! Wann in Klagenfurt der erste Türmer arbeitete, ist historisch nicht erwiesen, vermutlich aber im 13. Jahrhundert. 

Das Horn des Türmers ertönte jede Stunde, er blies nach allen Himmelsrichtungen. Eine alte Erzählung besagt, dass es dem Türmer strengstens untersagt war, zur Mitternachtsstunde gegen Süden zu blasen, damit die Ruhe der Toten vom Friedhof in St. Ruprecht nicht gestört werde.

Natürlich blies er eines Nachts trotzig doch genau dorthin – und schon ging der Spuk los. Die Geister erklommen bereits den Turm und griffen mit ihren Knochenfingern nach dem zu Tode erschrockenen Türmer – als die Glocke eins schlägt und der Spuk verschwindet.

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